Peu difficile, lohnend
Jon Krakauer  Auf den Gipfeln der Welt
Die Eiger-Nordwand und andere Träume

Aus dem Amerikanischen von Wolfgang Riehl. München: Malik 1999. 290 Seiten, 38 Mark

Eine Rezension von Andreas Sichelstiel

Jon Krakauer, bekannt geworden als Chronist eines bergsteigerisch aberwitzigen, allenfalls durch kommerzielles Interesse zu rechtfertigenden all-inclusive-Aberteuers am Everest '96, hat sein neues Buch vorgelegt. Was nicht ganz richtig ist, da es sich nicht um den Nachfolger des Katastrophen-Bestsellers In eisigen Höhen handelt, sondern um dessen Vorgänger, der den Marktgesetzen gehorchend nun noch einmal veröffentlicht wird, in Deutschland damit aber zum ersten Mal.

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Bereits ein flüchtiger Blick in die Inhaltsangabe des Optisch ansprechend aufgemachten Bandes scheint den Titel zu rechtfertigen: K2, Everest und Eiger liest man da neben solch bergversprechenden Überschriften wie Der Devils Thumb und Valdez-Eis. Die zwölf Kapitel unterschiedlicher Länge präsentieren dann auch die verschiedensten Formen vertikaler Spielarten nebst deren Protagonisten, begangen auf drei Kontinenten, vorwiegend in Nordamerika, respektive Alaska.

Thematisch gehört hierzu eine Szene-Schilderung von Chamonix gleichermaßen wie Geschichten rund um die Gletscherflieger von Talkeetna oder das Expeditions-Dorf am Mount McKinley, ein umständehalber entstandenes Happening, das gestandene Bergsteiger mit abenteuerfreudigen Dilettanten vereint. Sinnigerweise machen die Unerfahrenen, die sich selbst Dildo Dauerbrenner und seine Mannen nennen, ihrem Namen alle Ehre, und es gelingt ihnen nach Tagen in Eishöhle und Schneesturm der Gipfelgang, während Krakauer unverrichteter Tat wieder abziehen muß.

Wesenszug sämtlicher, fast aller schon einmal in diversen Zeitschriften erschienener Artikel ist es, daß nicht lichte Bergfiguren wie Messner oder Bonington im Zentrum stehen, sondern allenfalls Eingeweihten bekannte Namen wie den Burgess Boys, ein Brüderpaar, das zu seinem Stolz, trotz kostenträchtiger Unternehmungen, noch nie einer geregelten Arbeit nachging.

Vorgegebenes Ziel des Autors war es, dem unbedarften Leser einen Einblick in die Gedanken, Worte und Werke endorphinsüchtiger Bergjunkies zu geben: Leuten wie dem Schiffsagenten Pudwill das Unfaßbare nahezubringen, der, als er zum ersten Mal Menschen in steilen Eiskaskaden klettern sah, erstaunt die Vermutung hegte, diese bekämen dafür Geld oder es handle sich um eine neue Art des Selbstmords.

Ein durch Historisches und Anekdoten angereicherter Reportagestil ist dem Unterfangen Krakauers dienbar, die Geschichten huldigen dem on-the-road-Charme der beatnik generation ebenso wie laiengerecht aufbereitete Sachinformationen und Portraitskizzen einen Einblick in Probleme und Lebensansichten manch Kletternder bieten. Kurzum – für die vielbeschworene Schublade: Chatwin goes mountain – und dies wie sich das für anregende Klettertouren ziemt, mit wenigem philosophischen Ballast und kurzatmig.

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© Andreas Sichelstiel, RezenSöhnchen 24 (Juli 1999) & forum-buchkritik